Olympische Feuer
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„Diese Flamme ist mein ewiges Licht“

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Im zarten Alter von 18 Jahren entzündete Günter Zahn (56) das Olympische Feuer in München. Heute lebt der gebürtige Obernzeller mit seiner Familie in Passau. Im „München 72“ sprach er über die Flamme seines Lebens, Angst vor Pannen, Muhammad Ali und wie er als junger Rebell Adidas eins auswischte.

Herr Zahn, Sie sind nicht das erste Mal in der Bar „München 72“?
Ich war schon öfter hier. Kurz nach der Eröffnung hatten mir Freunde von diesem Laden erzählt. Als ich dann zum München Marathon in der Stadt war, schaute ich mir die Bar natürlich gleich an. Den Wirt des Lokals, Tom Zufall, habe ich auch im Oktober 2010 bei der Ausstellungseröffnung „München 72“ im bayerischen Staatsarchiv getroffen. Wann immer ich in München bin, schaue ich bei ihm vorbei. Und heute bin ich schon wieder da.

Wann und wo haben Sie denn erfahren, dass Sie das Olympische Feuer in München entzünden dürfen?
Im Sommer 1972 wurde ich bei der Deutschen Jugend-Leichtathletik-Meisterschaft in Bielefeld Jugendmeister im 1500 Meter-Bewerb. Im Stadion saßen, was ich natürlich nicht wusste, einige Herren des Nationalen Olympischen Komitees (NOK), um Läufer zu sichten. Nach der Siegerehrung wurde ich angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, das Olympische Feuer zu entzünden.

Und?Ich habe sofort zugesagt. Logisch! Diese einmalige Chance kann man sich doch nicht entgehen lassen! Ich musste dann noch bei Willi Daume, dem Chef des NOK, vorstellig werden. Er war offensichtlich mit der Wahl einverstanden.

Nach welchen Kriterien wurden Sie wohl ausgewählt?
Ich denke, weil ich gut laufen konnte. Mein Laufstil sah offensichtlich einigermaßen ästhetisch aus, will heißen: schön aufrecht und in richtiger Schrittlänge. Die suchten damals gezielt einen Mittelstreckenläufer, der etwas längere Distanzen locker drauf hat. Es ging ja nicht nur darum 200 Stufen hoch zu laufen, sondern vorher, ab dem Marathon-Tor, ein paar hundert Meter durchs Stadion.

80.000 Zuschauer bei der Eröffnungsfeier im Olympiastadion. Millionen weltweit an den Bildschirmen. Was fühlten Sie in jenem Augenblick, als Sie das Olympische Feuer entzündeten?
Das war schon ein ganz besonderer Moment. Klar, war das ergreifend. Aber meine Emotionen hielten sich trotz alledem im Rahmen. Aufgeregt war ich eher in den Proben davor. An diesem 26. August 72 aber blieb ich relativ cool.

Wirklich keine Spur von Nervosität?
Weniger beim Entzünden selbst. Eher davor. Die Strecke aus dem Marathon -Tor heraus, hin zu den Stufen, liefen wir zu fünft. Je ein Läufer aus jedem Kontinent. Meine beiden ganz großen Idole flankierten mich: Olympiasieger Kipchoge ‚Kip’ Keino aus Kenia und der US Amerikaner Jim Ryan, damals Weltrekordhalter über die Meile. Ob man’s glaubt oder nicht, aber das war für mich als junger Läufer das Highlight. Richtig nervös war ich nur kurz vor dem Start wegen meiner Schuhe.

Hatten Sie die etwa gar vergessen?
Nein! Ich lief damals in Schuhen der Marke Brütting. Adidas jedoch machte im Vorfeld Druck und zwang mich bei der Eröffnung in deren Schuhen anzutreten. Kurz bevor ich das Startzeichen erhielt, überklebte ich die drei Streifen ganz schnell mit weißem Tape. (Lacht) Meine Betreuer waren fassungslos: „Günter, das kannst du doch nicht bringen!“ Aber da war ich auch schon auf der Bahn.

Hatte das Konsequenzen?
Man konnte mir nichts anhaben, schließlich trug ich ja Adidas-Schuhe! Aber erfreut waren sie nicht. Die Firma Brütting allerdings hat mich noch am selben Abend in das Restaurant im Olympiaturm fein zum Essen eingeladen.

Hatten Sie Angst vor Pannen?
Ganz ehrlich, ja. Am Vorabend war ich sehr angespannt. Da geht einem vieles durch den Kopf. Hoffentlich stolperst du nicht, rutscht nicht aus, hoffentlich passt das Timing.“

Oder: Die Fackel geht aus, das Feuer nicht an?
Dass das Feuer nicht angeht, war ausgeschlossen, weil es ja von jemand anderem gezündet wurde. Ich musste allerdings rechtzeitig oben an der Schale sein.

Und? Alles glatt gelaufen?
Ja, Gott sei Dank. Allerdings war ich ca. 8 Sekunden zu früh dran, was mir wie eine Ewigkeit vorkam. Aber scheinbar ist das nicht weiter aufgefallen.

Das Feuer brennt. Was sah das Protokoll dann vor?
Ich musste warten bis Blacky Fuchsberger, damals Stadionsprecher, den nächsten Programmpunkt ankündigte. Dann musste ich hinten über eine Feuerwehrleiter nach unten verschwinden. Ab in die Katakomben!

Haben Sie den Ablauf oft geübt?
Eine Woche lang, zweimal täglich. Also mit Musik, Stadionsprecher und allem Drum und Dran. Nur meine Begleitläufer auf der Bahn waren im Training Statisten und nicht die Originale.

Konnten Sie später ein paar Bewerbe live mitverfolgen?
Ja, stellen Sie sich vor, ich dürfte während der gesamten Spiele im Olympischen Dorf wohnen. Ich war bei allen Leichtathletik-Veranstaltungen live dabei. Das war wirklich großartig!

Übertragungen von Olympischen Eröffnungsfeiern sind seither sicher ein Pflichtprogramm für Sie. Rühren Sie diese Bilder eigentlich?
Bis auf Peking 2008, da war ich gerade mit dem Wohnmobil unterwegs, habe ich alle Eröffnungsfeiern live im TV verfolgt. Richtig hingerissen war ich 1996 von der Eröffnungsfeier in Atlanta. Als das Licht anging, plötzlich Muhammad Ali da stand, das war schon sehr bewegend. Damals wurde mir erstmals richtig bewusst: „Mensch, Muhammad Ali entzündet das Feuer. Und du hast das auch schon einmal gemacht!“

Hat die Flamme Ihr Leben nachhaltig beeinflusst? Ist sie – übertrieben gesagt – ein ewiges Licht?
Tatsächlich gehört diese Flamme seit fast 40 Jahren irgendwie zu mir. Mein Name wird damit in Verbindung gebracht. Nach wie vor bekomme ich regelmäßig Anfragen aus den Medien zu diesem Thema. Auch Sie haben sich ja deshalb bei mir gemeldet. Als die Olympische Flamme für Athen 2004 nach München kam, war ich wieder einer der Fackelläufer. Ja, insofern ist diese Flamme mein ewiges Licht.

Nehmen Sie Medien Anfragen gerne wahr?
Ich sage nicht immer zu. Mir muss das schon inhaltlich gefallen. Aber wenn es um München, den Olympiapark oder jetzt um die Bewerbung 2018 geht, ist das für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich bin zwar kein offizieller Botschafter der Spiele, setze mich aber aus Überzeugung dafür ein.

Warum sollen die Spiele 2018 nach München kommen?
Es gibt zahlreiche Gründe für Olympia 2018 zu sein. Als ehemaliger Leistungssportler möchte ich mich in diesem Rahmen auf die positiven Folgen für den Sport in Deutschland beschränken. Olympische Spiele im eigenen Land lösen enorme Impulse aus. Vor allem in der Sportförderung. Außerdem braucht der Nachwuchs Vorbilder. Ich möchte hier, weil er bereits Ihr Gast war, Herrn Wolfermann anführen. Als er 72 in München Gold holte, beobachtete ich allerorts, wie Kinder mit Ästen Speerwurf übten und quasi „Wolfermann“ spielten. Becker und Graf lösten später einen wahren Tennisboom aus, Rosi und Wasi brachten vielen Jugendlichen den Wintersport näher. Der deutsche Sportnachwuchs würde von den Olympischen Spielen im eigenen Land enorm profitieren.

Was wäre, wenn München die Spiele 2018 bekäme und man Sie – rein hypothetisch – wieder fragen würde?
Es gab bisher noch keinen Menschen, der das Feuer zweimal entzünden durfte.

Genau das wäre ja der Reiz! Sie wären der erster Mensch, der sowohl Sommer- als auch Winterspiele eröffnet!
Das wäre die größte Ehre überhaupt! Ich halte mich einmal zur Vorsicht bis dahin gut in Form.

Und dann in Adidas Schuhen?
(Lacht) Adidas hat mir diesen Streich wahrscheinlich nie verziehen. Ich glaube, ich würde von denen gar keine Schuhe mehr bekommen.


Der Artikel erschien am Donnerstag, 31. März 2011 in der
TZ München / Sport. Interview: Johanna Stöckl (zum Download
)

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Aktualisiert am Dienstag, Januar 03, 2012