|
Für manche Frauen ist die "Gasse des Schreckens" wahrlich kein Problem: "Du musst halt boxen", meinte eine grauhaarige Dame lachend, nachdem sie
sich zielstrebig und unaufhaltsam ihren Weg durch die Reihen der schubsenden und haltenden Kursteilnehmer gebahnt hatte. Die Übung, die von den Kampfsportlerinnen Tanja und Margot in der Turnhalle des Scheiner-Gymnasiums
angeleitet wurde, stellte eine typische Pöbel-Szene in einer vollen Diskothek oder U-Bahn nach. "Wichtig ist der direkte Augenkontakt, ein aufrechter Gang, eine ruhige Atmung und eine klare Stimme", empfahlen die
Trainerinnen. Denn: "Gegner werden nicht so schnell angegriffen wie Opfer", betonte die Jiu-Jitsu-Expertin Margot.
Der intensive Selbstbehauptungs- und -verteidigungskurs für Frauen und Männer war Teil des
Projekttages unter dem Motto "Gewalt gegen Frauen – nicht mit uns", den der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Samstag in Ingolstadt veranstaltete. Zum Auftakt betonte die bayerische Sozialministerin
Christine Haderthauer, wie wichtig die innere Einstellung für die Sicherheit von Frauen sei, und verdeutlichte das mit einem Beispiel aus ihrer Schulzeit. Das Gerangel mit dem Klassenmacho ging damals für die wehrhafte
Ingolstädterin glimpflich aus, denn: "Ich hatte meine kurze Lederhose an." Zugleich prangerte Christine Haderthauer an, dass Gewalt bereits mit der Verniedlichung von Frauen beginne. "Die gesellschaftliche Arbeit
an den Rollenbildern gehört zur Gewaltprävention," stellte die Ministerin daher klar. Auch Marianne Frinken, die Leiterin des Ingolstädter Frauenhauses, schilderte die vielen Facetten, die Gewalt gegen Frauen habe.
"Es ist sehr wichtig, dass Regeln gelernt, akzeptiert und eingehalten werden", sagte Marianne Frinken. Eine Politik der Null-Toleranz forderte die DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers, die die wichtie Rolle des
Sports für das Selbstbewusstsein von Frauen betonte. Auf Hilfsangebote machten Gerti Achtner, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, und Charlotte Hofmann vom Polizeipräsidium Oberbayern aufmerksam. "Wir wollen Frauen
dazu ermutigen, bei Gewalttaten Strafanzeigen zu stellen", sagte die Polizistin, die als direkte Ansprechpartnerin für Opfer zur Verfügung steht.
Von Michael Stadik
|